Es gibt diese kleinen, gelben Ausweise. Jeder hat einen, keiner versteht ihn. Selbst für Ärzte, die sich nicht regelmäßig mit den Impfausweisen beschäftigen, sind die Angaben zum Teil kryptisch.
Das Impfen, die Empfehlungen der STIKO und das Lesen des Ausweises ist eine kleine Wissenschaft für sich und nicht so kompliziert, wenn man sich einmal damit beschäftigt hat. Vor allem, weil es enorm wichtig ist.
Vor zwei Jahren habe ich eine Fortbildung zum Thema besucht. Ich weiß also, wovon ich spreche.
Impfdebatte
Gerade in den letzten Jahren hat die Anzahl der Impfverweigerer deutlich zugenommen. Ich sage es, wie ich es sehe: seine Kinder nicht impfen zu lassen, ist fahrlässig, egoistisch und eine klassiche Wohlstandspsychose.
Als in den fünfziger Jahren die Kinder an Polio starben oder in der Eisernen Lunge lagen, hätte sicherlich kein Elternteil überlegt, ob ein kleiner Pieks dem Kind schaden würde. Die Impfung war Lebensrettung, ein Segen.
In vielen ärmeren Ländern gibt es diese Wahlfreiheit nicht. Impfungen sind zum Teil einfach nicht möglich. Eltern können es sich finanziell nicht leisten, die nächste Anlaufstelle ist zu weit entfernt oder Konflikte erschwerend den Zugang dorthin.
Verschiedene Organisationen versuchen, Impfungen zu ermöglichen, indem Sie zum Beispiel mit Polio Schluck-Impfungen durch zerstörte Viertel von Ost – Allepo gehen und Kinder impfen.
In den Jahren 2015 und 2016 gab es Ausbrüche von Poliomyelitis in Laos, worauf hin im März 2018 circa 460.000 Kinder geimpft wurden.
Tetanus bei Müttern und Neugeborenen, welches meistens tödlich verläuft, konnte durch Impfungen in fast allen Ländern eliminiert werden.
Aber hierzulande entscheiden sich immer mehr Eltern dagegen. Angebliche Beistoffe, Angst vor Aluminium oder Quecksilber oder vor Autismus und plötzlichem Kindstod bringen Eltern dazu, ihren Kindern den Impfschutz zu verweigern. Eine böse Absicht möchte ich nicht unterstellen, die Eltern handeln aus Sorge um ihre Kinder.
Manchen geht es aber lediglich darum, sich nicht den „bösen Pharmakonzernen“ unterzuordnen.
Ich möchte an dieser Stelle aufräumen mit den Märchen.
Die gängigen Impfmythen
1. Immer wieder Autismus
Andrew Wakefield ist ein Arzt aus Großbritannien, dem inzwischen die Berufserlaubnis entzogen wurde. Weil seine Behauptungen zum Zusammenhang der MMR (Masern, Mumps, Röteln)-Impfung und Autismus nicht reproduzierbar waren und sich herausstellte, dass seine Studien grobe Fehler enthielten. Wakefield soll bis zu einer halben Millionen Pfund von einer Anwaltsfirma erhalten haben, die Eltern autistischer Kinder vertritt.
Inzwischen haben mehrere Studien den Nachweis erbracht, dass Autismus nicht durch Impfungen ausgelöst wird. Auch, wenn Trump zeitweise wieder das Gegenteil behauptete.
2. Das böse Aluminium
Aluminium wird als schwerlösliches Aluminiumhydroxid den Impfstoffen als Wirkverstärker zugesetzt. Ohne Aluminium wäre die Impfung also weniger effektiv. Es kann an der Einstichstelle zu lokalen Reaktionen kommen, die Aufnahme des Aluminiums in den Körper führt jedoch nicht zur Vergiftung.
Berechnungen haben ergeben, dass bei 20 Impfungen im Laufe des Lebens mit jeweils 1,5mg Aluminium, eine Gesamtmenge von 0,5 mg Aluminium aufgenommen wird. Das sind 2 Prozent der Gesamtmenge. Die lebenslang aufgenommene Gesamtbelastung des Körpers mit Aluminium, also die Menge, die im gesamten Leben durch externe Quellen aufgenommen wird, schätzen Experten auf etwa 35 mg (5-60mg). Die 0,5 mg Aluminium aus den Impfungen kann man also vertreten.
Auch Neugeborene kommen bereits mit nachweisbarem Aluminium im Blut zur Welt- noch bevor sie die erste Impfung erhalten haben.
Der Wert für die tolerierbar wöchentliche Aufnahme wurde vom gemeinsamen Expertengremium für Lebensmittelzusatzstoffe der Welternährungsorganisation (FAO) und der WHO (JECFA) 2012 auf den Wert von 2 mg / kg/Woche festgelegt.
3. Das noch viel bösere Quecksilber
Thiomersal ist eine organische Quecksilberverbindung, die sehr wirksam vor Verunreinigungen schützte. Inzwischen wird sie nicht mehr als Konservierungsstoff in Impfstoffen verwendet.
4. Plötzlicher Kindstod (SIDS)
Nachdem Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang mit der 6-fach-Impfung gefunden wurden, untersuchte das RKI 254 plötzliche und unerwartete Todesfälle im Zeitraum Juli 2005 bis Juli 2008. Es wird angemerkt, dass es in Deutschland keinen Zugriff auf alle wichtigen Daten gibt und ein Impfregister bei der Klärung solcher Fragen helfen würde.
Insgesamt konnte in der Studie jedoch kein erhöhtes Sterberisiko belegt werden. Kinder, die am Plötzlichen Kindstod verstarben, wiesen meist noch andere Risikofaktoren auf (Raucherhaushalt, Schlafen auf dem Bauch oder im Bett der Eltern).
Eine Studie aus dem Jahr 2015 untersuchte den Zusammenhang von SIDS und der Impfung mit Dipherie,Tetatus und Polio und fand heraus, dass in den 70er-Jahren ein Rückgang der Impfquoten zu einer einem Anstieg des SIDS führte. Erst, als die Impfquoten wieder zunahmen, gingen auch die Fälle an SIDS wieder zurück.
5. Krankheiten stärken das Immunsystem
Eine Masern- oder Grippe-Erkrankung ist kein Kinderspiel und schwächt das Immunsystem nachhaltig. Auch, wenn Impfgegner, Heilpraktiker oder sog. anthroposophische Ärzte einen positiven Effekt auf das Immunsystem oder die berühmten Entwicklungssprünge behaupten, so kann nur davor gewarnt werden, Kinder dieser Gefahr auf Masernparties auszusetzen. Es ist Körperverletzung! Studien zeigen die nachhaltige Schwächung des Immunsystems über einen langen Zeitraum.
6. Lieber nur Einzelimpfstoffe verwenden
Sobald Babys geschlüpft sind, werden sie täglich mit tausenden von Antigenen - also Partikeln, die das Immunsystem aktivieren - konfrontiert. Sie stecken sich Sand und Erde, Vogeldreck und Pfützenwasser in den Mund. Und wir sind immer wieder erstaunt, wie gut sie das verkraften. Eine Mehrfachimpfung ist für das Kind eine Entlastung, weil es nicht mehrfach gepikst werden muss. Der Körper kommt damit zurecht. Wer dreckige Speckfingerchen übersteht, kann auch eine Sechsfach-Impfung aushalten.
7. Alles für die böse Pharma
Die böse Pharma finanziert mit ihren Geldern die Studien, die für die Sicherheit der Impfstoffe und Arzneimittel sorgen. Im Gegensatz zu homöopathischen „Arzneimitteln“, die aufgrund von „Erfahrungswerten“ in den Verkauf gelangen, müssen Impfstoffe und Arzneimittel mehrere klinische Studien (Phase I bis Phase III) durchlaufen.
Das kostet Geld. Aber Geld für Zucker zu verlangen, wie homöopathische Firmen es machen, ist viel dreister. Den eigentlich Betrug finden wir also bei homöopathischen Pharmafirmen.
Impfungen sind auch für Erwachsene wichtig
Wir können froh sein, dass wir viele Erkrankungen nicht mehr erleben müssen. Sein Kind nicht zu impfen, ist bei vielen Erkrankungen eine Körperverletzung, denn Kinderkrankheiten sind keine Harmlosigkeit. Auch, wenn der Name es suggeriert. Und als Erwachsener kann man ebenfalls an Tetanus, Masern oder Keuchhusten erkranken. Jeder Erwachsene, der nach 1971 geboren wurde und nur eine Masern-Impfung im Ausweis stehen hat, sollte sich dringend auffrischen lassen. Auch Keuchhusten im Erwachsenenalter zu erleiden, ist kein Spaß.
Also: Impfausweis schnappen, zum Hausarzt gehen, Nachimpfen lassen!
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Quellen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/81210/Todesfaelle-nach-Sechsfachimpfung-Vorsichtige-Entwarnung
https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/zehn-dinge-ueber-impfungen-zur-weltimpfwoche/75770
https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD004407.pub3/full
https://www.aerzteblatt.de/archiv/81210/Todesfaelle-nach-Sechsfachimpfung-Vorsichtige-Entwarnung
https://www.sciencenews.org/article/measles-immune-system-memory-infection?tgt=nr&utm_content=92232297&utm_medium=social&utm_source=facebook&hss_channel=fbp-212009668822281
https://bmcpediatr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12887-015-0318-7
https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/bundesgesundheitsblatt/2004/2004-thiomersal-impfungen.pdf?__blob=publicationFile&v=1
https://www.pei.de/DE/infos/fachkreise/impfungen-impfstoffe/faq-antworten-impfkritische-fragen/impfung-aluminium/impfung-aluminium-node.html