Nein. Nicht ‚Summer‘ wie das englische Wort für die Jahreszeit mit den vielen Hitzetagen und der übermäßigen Trockenheit.
Sondern das deutsche Wort 'Summen'. Dieses Geräusch, das mich tierisch in den Wahnsinn treibt, wenn es jemand neben mir macht.
HMMHMMMMHMM. In allen Tonlagen. In jeder Variation. Dass man aus so vielen „M“ so viel Nervtötendes produzieren kann, wusste ich nicht, bis dieses Pärchen in meine Sprechstunde kam.
Chronologie einer Bewährungsprobe
Es handelt sich um älteres Ehepaar mit den üblichen Wehwehchen und Erkrankungen des älteren Menschen: Diabetes, hoher Blutdruck, ein kleiner Krebs.
Nichts Weltbewegendes für den Summer. Er sei alt, der Krebs eben da, er möchte nichts mehr dagegen unternehmen. Wir reden darüber, ich finde es nachvollziehbar und wir sprechen über die Konsequenzen. Dann belassen wir es dabei.
Und er beginnt zu summen.
Die Ehefrau ist wütend auf ihn, schimpft über seinen Krebs und dass sie nie an der Reihe ist, etwas zu sagen. „Jetzt bin ich mal dran!“ herrscht sie ihn an.
Er summt.
Ich versuche, ihr meine ganze Aufmerksamkeit zu widmen, während er im Hintergrund sitzt.
Und summt.
Ich mag ihn wirklich gerne, er ist ein so netter Mensch. Aber ich würde ihn gerne hinaus bitten. Das geht bei diesen beiden allerdings nicht, weil sie ohne einander nicht bestehen. Sie kommen gemeinsam in die Sprechstunde, sie haben beide ihre Sprechzeit bei mir, sie schimpft, er summt. Ein festes Schema, wie ein Ritual.
Also versuche ich, das Summen zu überhören und schaffe es auch einigermaßen. Sie braucht einfach ein paar Minuten (m)ein Ohr und ich gebe es ihr.
Sie schildert ihre Beschwerden und Sorgen, redet gegen das Summen an. Schließlich dreht sich zu ihm um und motzt: „Kannst du nicht einfach mal still sein!“
Das Summen stoppt. Für etwa 30 Sekunden.
Dann summt er wieder.
Schließlich haben wir alles besprochen, er hilft ihr in die Jacke (summend natürlich), sie nimmt seine Hand und sie verlassen die Praxis.
Summa summarum
Dieses Pärchen hat eigene Kommunikationswege gefunden: Summen und Schimpfen.
Er summt sich glücklich, sie schimpft gegen ihre Angst, ihn zu verlieren.
Ich allerdings würde jedem, der in meinem Haushalt ständig summt, eins mit dem Nudelholz überziehen.
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Bild: Pixabay,Yabayee