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Es war (ist) einmal (jetzt) ein Flächenbrand

Wisst ihr noch? Vor einem Jahr, um genau zu sein am 16.03.2020, ging das Land in den Lockdown, weil das Coronavirus sich deutlich und stark verbreitet hatte. Über 6000 Fälle am Tag hatten wir „damals“, und wir waren darüber entsetzt.

Über lediglich 6000 Fälle pro Tag würden wir uns inzwischen wieder freuen, aber zu dem Zeitpunkt vor einem Jahr genügte das, um das Virus aufhalten zu wollen. 

 

Flugzeuge blieben am Boden, Büros und Schulen wurden geschlossen und Homeoffice landesweit eingeführt. Selbst um Spielplätze wurde rot-weißes respektive gelb-schwarzes Flatterband gebunden und alle nicht lebensnotwendigen Geschäfte und Lokalitäten dicht gemacht. Das Land war still. 

 

Es hatte zwar Wochen zuvor Herr Drosten bereits gesprochen, dass wir kleine Brandherde, sprich Cluster, austreten müssen, bevor sie zum Flächenbrand werden. Aber man wartete lieber ab, bis es soweit war. Aus Gründen. 

 

Das Inferno vor der Haustür 

 

Inzwischen haben wir keinen Flächenbrand mehr, wir haben das Inferno vor der Haustür. In anderen Ländern brennt es bereits lichterloh und zeigt uns, wohin der Weg uns führt. Und unsere Regierung macht sage und schreibe nichts, außer über das Feuer zu diskutieren. 

 

Um bei dem Bild mit dem Inferno zu bleiben: Man stelle sich einen heiß lodernden Waldbrand vor. Der Wald ist trocken, das Feuer schlägt hohe Flammen in den Himmel und man hört das Knistern und Knacken der brennenden Äste. Die Hitze verbreitet sich und trocknet das weitere umliegende Gelände aus. Der Rauch wabert über die Landschaft, so dass das Atmen zunehmend schwer fällt. Im Feuer sterben viele Menschen und nimmt Tausenden die Lebensgrundlage.

 

Also was muss man tun?

 

Korrekt: Löschen, löschen, löschen. An vielen Stellen, mit Wasser vom Boden aus, und aus der Luft. Man muss neue Brandstellen vermeiden und gefährdete Bewohner evakuieren. Es braucht ein funktionierendes Gesundheitssystem, Versorgung der Notleidenden und finanzielle Unterstützung der Geschädigten.

 

Es mag für unsere Regierung überraschend sein, aber es hilft nicht, an einer Stelle ein bisschen Wasser drauf zu träufeln, an anderer das Feuer sachte eine wenig ersticken zu wollen und dort, wo es ein bisschen zurückging, wieder Reisig ins Feuer zu werfen, weil die Lage sich schließlich entspannt hat. Um sich anschließend zu wundern, dass der Brand nicht gelöscht wird. 

 

Und dann stehen die Verantwortlichen um die lodernde Glut und streiten: 

„Ich muss das nicht machen, das machen die anderen!“

„Nö nö, die Wirtschaft darf nicht leiden. Das Feuer hat schon genug zerstört.“

„Tut mir leid, ich wollte für fünf Tage die Feuerwehr rufen, aber das lässt sich regulatorisch nicht durchsetzen.“ 

 

Und wieder andere meinen, wir müssten mit dem Feuer leben, denn schließlich gab es das schon immer. Und überhaupt, sei Feuer ja etwas ganz Natürlich und an sich nicht so gefährlich. Diese kleine Brandwunde, also wirklich. Mit einer vernünftigen Hautbarriere überlebe man das schon, es träfe schließlich nur die Geschwächten. Dann demonstrieren diese Menschen für die Freiheit, mit dem Feuer spielen zu dürfen und wundern sich, wenn sie anschließend ein Aua haben. 

 

Ein bisschen pusten und ein bisschen Wasser 

 

Ich muss die Analogie wahrscheinlich nicht erklären, aber ein wenig Wasser sind kleinere Lockdownchen, das Ersticken des Feuers sind Schnelltest und Impfungen und Reisig die Lockerungen, die immer und immer wieder durchgesetzt werden, obwohl seit Monaten davor gewarnt wird. Angeblich, weil die Bevölkerung das so möchte und müde von der Pandemie ist. Ja, sind wir. Wir sind pandemüde. 

 

Aber, Oh, Überraschung. Die Bevölkerung möchte die häppchenweisen Lockerungen meines Erachtens dennoch nicht. Die Bevölkerung, jedenfalls ein Großteil davon, möchte lieber noch einmal hart die Pobacken zusammenkneifen und in den Lockdown gehen - einen richtigen Lockdown wie im Frühjahr 2020 - und danach mit Radler, Kaffee und Weißwein bei Sonnenschein im Garten und in den Straßencafés sitzen und gemeinsam die Spuren des Flächenbrandes beseitigen. 

 

Die Menschen möchten keine Angst mehr haben, weil ihre Kinder am Feuer spielen oder die Schule droht abzubrennen. Sie möchten nicht mehr in ihren Wohnungen sitzen und aus den Fenstern das Lodern der Flammen beobachten.

 

Das Feuer hat schon Spuren hinterlassen

 

Ja, das alles ist mein subjektiver Eindruck und das Bild vielleicht überzeichnet. Aber das Feuer hat seine Spuren bereits hinterlassen, das bekomme ich in der Praxis und bei persönlichen Gesprächen täglich mit. Ängste und Depressionen haben zugenommen, Übergewicht und Störungen des Bewegungsapparats ebenfalls, weil eben nicht jeder gerne alleine für sich Sport macht und weil Störungen der Seele sich auch auf das Ess- und Bewegungsverhalten auswirken.

 

Das wird dann gerne als Argument für Lockerungen herangezogen, aber diese sind für die Menschen nur wirksam, wenn die Öffnungsschritte keine neuen Brände auslösen. 

 

Seit Monaten wird vor dem Flächenbrand gewarnt und nun sind wir mittendrin. Das Durchlaufen des Feuers kann keine Lösung sein, denn zuviel verbrannte Erde gibt es schon. Es muss jetzt mit aller Kraft gelöscht werden. Und sollte es dann wieder kleinere Feuerstellen geben, kann man sie mit dem Fuß wieder  austreten. 

 

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Bild: Pixabay, LeandroDeCarvalho